Doaswald Einst und Jetzt

Der Schatz des Weger Bauern

 

Endlich ist der Frühling in St.Oswald eingekehrt. Die Tage sind wieder länger. Man wird vom Vogelgezwitscher und warmen Sonnenstrahlen geweckt.

 

Was gibt es Schöneres, als einen Spaziergang durch das zur Zwischensaison ruhige und teilweise fast geisterhaft wirkende St. Oswald zu unternehmen. Man kann sich aber auch auf die Suche nach einem Schatz begeben.

In unserem schönen Bergdörfchen gibt es zahlreiche gemütliche Spazierwege, welche vielfach alten Bauernpfaden folgen. Immer wieder kommt man an dem ein oder anderen Kulturschatz vorbei den St.Oswald zu bieten hat. Einer dieser Kulturschätze und gleichzeitig auch meiner Meinung nach eines der schönsten Gebäude, ist der alte Weger Stadl. Er ist einer der letzten Höfe im Tal, steht im “Hinterwinkl” am Fuße eines Mallnockausläufers und wird vom Anwesen des Aufeggers überblickt. Die Geschichte des ehemaligen Wegerhauses, von dem nur mehr die Grundmauern übrig sind, dürfte, so wie die vieler anderer Höfe, bis in das 15. oder 16. Jahrhundert zurück reichen. Die älteste urkundliche Erwähnung vom Wegerhof geht jedenfalls auf das Jahr 1520 zurück. Heute steht nurmehr der Troadkasten, sowie ein Teil des alten Blochstadels. Er wurde aus runden Baumstämmen aufgezimmert. Meine Mutter Ingrid, bezeichnet den Wegerstadl als ihren persönlichen Kraftplatz und dabei kann ich sie auch gut verstehen. Denn auch auf mich und viele Andere, verübt dieses Gebäude eine ebenso große Anziehungskraft. Jedes Mal wenn ich dort bin, um ihn entweder zu fotografieren oder einfach nur eine kleine Rast an der sonnenbeschienen langen Bank zu unternehmen, fühle ich mich wohl und gut aufgehoben. Wenn man den Stadl betritt, begibt man sich in eine längst vergangene Zeit und die vielen Bilder der Dauerausstellung von Armin Pertl lassen diese Zeiten wieder lebendig werden.

 

 

Um den Wegerstadl rangen sich einige alte Geschichten und auch heute noch trägt er dazu bei, neue Geschichten zu erzählen.

 

Eine der Bekanntesten dreht sich um den Schatz des alten Weger Bauern. Dieser hatte in schweren Zeiten all sein Geld bei einem Baum vergraben, welchen er gut von seinem Küchenfenster aus sehen und beobachten konnte (Anm. laut Aussage von Hubsi Aufegger hat der Wegerbauer seinen Geldbaum nicht von seinem Küchenfenster, sondern von seinem Troadkasten aus gesehen und laut Aussage von Richard und Monika Aufegger beobachtete der Weger Bauer seinen Schatz von einer Esche in der Nähe aus). Nach vielen Jahren wollte er sich seinen Schatz wieder von seinem Geldbaum zurück holen und marschierte voller Vorfreude zu diesem. Doch all sein Suchen blieb vergebens, er konnte weder seinen Geldbaum, noch den Schatz finden. Zurück am Hof hielt er abermals nach diesem Ausschau und da war der Baum plötzlich wieder an derselben Stelle wie eh und je. Erneut machte sich der Weger Bauer auf den Weg, um den Schatz zu heben, doch abermals fand er weder den Baum, noch den Schatz. So viel er auch suchte, der Baum war nicht zu finden. Die Jahre vergingen und der alte Weger Bauer suchte immer noch vergeblich danach. Sein geliebter Schatz, welcher ihm von zu Hause aus zum Greifen so nah erschien und dennoch unerreichbar war, machte seinen Geist schließlich krank. Er konnte den Verlust nicht mehr verkraften und erhängte sich in seinem Stadl.

Die damaligen Herren vom Stift Millstatt waren gar nicht erfreut über den Selbstmord und entsandten einen Henker zum Wegerhof, damit dem Rechte Genüge getan werde. So wollte man gemäß dem damaligen Brauch den gesamten Hof abbrennen, da man dachte, ein Selbstmord bringe Unglück über Hof und Leute. Jedoch hatte der Bauer keinen männlichen Nachfolger, was dieses Unglück anscheinend relativierte und so entschied man sich, nur einen Teil des Trams (Querbalken) an welchem sich der Wegerbauer erhängt hatte, zu verbrennen.

 

Hubsi Aufegger erinnert sich noch an seine Kindheit zurück.

 

Der Schmied hatte ihm damals sogar die vermeintliche Stelle gezeigt, an welcher der alte Wegerbauer samt dem abgesägten Tram verbrannt wurde. Heute steht an besagter Stelle längst ein Ferienhaus und man findet keinerlei Überreste mehr.

Nach dem Tod des alten Wegerbauern, wurde der Hof an einen Drautaler Bauern verkauft. Denn zwischen ca. 1860 und 1900 kamen die Bauern aus der Villacher und Spitaler Gegend zu etwas Geld, da ihre Grundstücke für den Bau des Kärntner Eisenbahnnetzes gebraucht wurden. Mit diesem Geld kauften sich einige Bauern sogenannte Zuhuben bzw. Almgrundstücke in den Nockbergen, denn die Oswalder Bauern hier, waren allesamt bettelarm und das schnelle Geld war nur allzu verlockend. Viele Almen und Wiesen werden auch heute noch von den “Landner“ Bauern bewirtschaftet. Anderswo erkennt man solche ehemaligen Grundstücke daran, dass sich heutzutage dort Haufensiedlungen gebildet haben, die teilweise ausschließlich aus Ferienhäusern bestehen.

 

Ein Völkerforscher in St.Oswald

 

In den Aufsätzen, die während seinen Aufenthalten in den Jahren 1924-1941 in St.Oswald entstanden sind, zeichnet der Volkskundler Oswin Moro ein lebhaftes Bild von den damaligen Begebenheiten, welche sich hier zugetan haben. Eine seiner liebsten Gesprächspartnerinnen war die Weger Sendin “Weger-Moiza”, die für den neuen Besitzer dem “Landner“ Bauer Ertl vlg. Scherzer von Uggowizt den Weger Hof bewirtschaftete. Sie galt allgemein als etwas zurück gezogen und verschroben, jedoch war sie wohl immer froh, wenn der Volkskundler sie besuchte, um mit ihr zu plauschen und von ihr zu lernen.

 

Eines Abends finde ich mich in der Stube vom Aufegger Richard wieder.

 

Ich plaudere mit ihm und seiner Schwester Monika. Sie haben ihre Kindheit auf dem Wegerhof verbracht und teilen einige Erinnerungen mit mir. Ihre Mutter Hilde (geb. Seebacher) war in den Jahren 1942 – 1962 die letzte Sendin am Wegerhof. “Das waren schöne, schwere Zeiten” erinnern sich Monika und Richard. Ihre Eltern waren nicht verheiratet und die beiden Kinder samt Mutter waren evangelisch. Das ehemalige Kellergewölbe des Weger Hauses war, wie auch einige andere Keller im Großraum Bad Kleinkirchheim, in früheren Zeiten eine geheime evangelische Kirche. So Manchem im Dorf waren die unehelichen Kinder und deren Glauben ein Dorn im Auge und dementsprechend wurden die beiden auch behandelt. Was heute als Dorfmobbing benannt werden würde, war damals normal und dass die anderen Mädchen der Monika die mühsam gesammelten Himbeeren gestohlen haben, gehörte wohl noch zu den geringeren Übeln. Doch kaum hatte der katholische Vater ihre Mutter geheiratet, war es auch mit dem Mobbing vorbei. Als wir gemeinsam alte Fotos betrachten, sprudeln die lebhaften Erinnerungen der Geschwister nur so hervor. Ihre Lieblingsbeschäftigung war das Fischen, nur durften sie sich von niemandem erwischen lassen. So manches Mal wurden sie jedoch dabei ertappt, wie sie sich heimlich Fisch neben dem Oswalder Bach brieten und mussten schleunigst flüchten. Besonders bildlich kann ich mir die Monika vorstellen als sie mir davon erzählt, was sie immer tat wenn eines der ersten Autos nach St.Oswald hinauf kam. Sie konnte das Auto immer schon vom Schneeweiss her tuckern hören. Daraufhin bekam sie es mit der Angst zu tun, flüchtete ins Wircherfeld und versteckte sich um sich vor der Gefahr überfahren zu werden, zu schützen.

 

 

Gelebt wurde mitten unter den Tieren. Die damaligen Ställe verwuchsen mit dem Wohnhaus und so war es ganz normal, dass man mit Geiß, Kuh, Zicklein und Huhn so zu sagen unter einem Dach lebte. Der frühere vermeintliche Evangelische Geheimkirchenkeller diente auch einige Zeit als Bierlager für das Falkert Schutzhaus, dem der Vater von Richard und Monika regelmäßig Biernachschub lieferte. Als Richard ein Kleinkind war, ist er wohl schlafgewandelt und eines Nachts in den tiefen dunklen Keller gefallen. Dabei hat er sich einen offenen Schädelbasisbruch zugezogen. Daraufhin musste seine Mutter ihn jeden Tag nach Pattergassen zum Arzt, dem Dr. Leberle tragen. Trotz all der Strapazen, erinnern sich die Geschwister gerne an ihre Zeit am Wegerhof zurück. So ein Leben ist in unserer Zeit kaum mehr vorstellbar, und doch ist es gar nicht so lange her.

Nachdem die Aufeggers schließlich die Wegerhube verließen, lebte noch einige Jahre ein Knecht darin – allerdings nur sporadisch. Ende der 60er Jahre wurde das mittlerweile renovierungsbedürftige Wegerhaus abgerissen. Teile des alten Wohnhauses finden sich heute unter anderem im Trattlerhof in Bad Kleinkirchheim, sowie in der Diskothek Almstubn in Döbriach.

Auch der Stadl war bereits verkauft und dessen Holz sollte in Tirol beim Bau eines touristischen Projektes Verwendung finden. Zum Glück wurde durch den Einsatz von Armin Pertl, der Kultur und Denkmalpflege und dem Besitzer Ertl Peter, der schon verkaufte Wegerstadl gerettet. Es scheint, als ob der Wegerstadl durch seine bewegte Geschichte nun doch zur Ruhe gekommen ist und gerade deshalb heute so vielen Menschen einfach gut tut.

 

Schließlich wurde der wahre Schatz des Wegerbauern gefunden.

 

Der Wegerstadl selbst, ist nämlich ein Schatz wie man ihn sonst, nur mehr selten vorzufinden vermag.

Dank des Vereins “Kultur und Denkmalpflege Bad Kleinkirchheim” konnte dieses Juwel erhalten werden. Der alte Blochstadel welcher schon seit Jahrhunderten steht, wurde mit viel Liebe und Fleiß restauriert und als Veranstaltungsort adaptiert, im Jahr 2000 eröffnet. Richard Aufegger ließ es sich nicht nehmen, die Elektroinstallationen im Wegerstadl selbst durchzuführen. “Deshalb bin ich auch Elektriker geworden – weil es damals hier keine Elektrizität gab” erzählt mir Richard mit einem breiten Grinsen. Auf drei Ebenen, hindurch mehrere Räume, bietet der Wegerstadl nun genügend Platz für Kunstausstellungen und allerlei kulturelle Veranstaltungen. So war er auch schon Schauplatz für ein Fest der besonderen Art – dem Oswalder Treffen, einem Fest bei welchem alte, junge, weggezogene und zugezogene Oswalder ihr schönes Dorf gemeinsam feiern. Hoffentlich bereichern solche und ähnliche Veranstaltungen St.Oswald auch in Zukunft weiterhin.

 

 

Vielen Dank an Richard Aufegger, seine Frau Getraud, seine Schwester Monika sowie Hubert Aufegger für die netten Gespräche und Informationen. Weiters einen großen Dank an Armin Pertl für weiterführende Informationen. Die alten Fotos wurden von Armin Pertl und Richard Aufegger zur Verfügung gestellt.

 

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